Das Reziprozitätsprinzip

Das italienische Reziprozitätsprinzip (oder auch „Gegenseitigkeitsprinzip“) ist für diejenigen Schweizer, die in Italien Immobilien erwerben wollen, von grundlegender Bedeutung. Ein Verstoß gegen dieses Prinzip kann zur Unwirksamkeit von im Hinblick auf Immobilienkäufe geschlossener Verträge führen.

Dieses Prinzip besagt, dass ein Ausländer in Italien unter der Bedingung der Gegenseitigkeit die gleichen Rechte hat, wie ein Italiener. Das Prinzip gilt auch für ausländische juristische Personen.

Genau dies wird aber im Verhältnis zwischen Italien und der Schweiz zum Problem, da die Schweiz Italienern beim Erwerb von Immobilien nur eingeschränkte Rechte gewährt. Erheblich ist hier vor allem, dass ein Italiener in der Schweiz Immobilien nur bis zu einer bestimmten Größe erwerben darf.

Derzeit ist der Erwerb bis zu einer Quadratmeterzahl von 1000 qm Grundstücksfläche und 200 qm Wohnfläche erlaubt.

Aus diesem Grund lässt das Prinzip der Gegenseitigkeit den Erwerb von Immobilien durch Schweizer in Italien lediglich bis zu diesen Größen zu.

Das Schweizer Recht kennt zwar hiervon auch Ausnahmen, die beantragt und begründet werden müssen, beispielsweise mit der Anzahl der Familienangehörigen.

Diese Ausnahmen kennt das italienische Recht indessen nicht. Grund hierfür ist schlicht ein organisatorischer. Es existieren in Italien keine Ämter, bei denen die entsprechenden Anträge gestellt werden können. Auch sieht das Prinzip der Reziprozität dies nicht vor.

Demnach gilt die Einschränkung der Quadratmeter umfassend und grundsätzlich ohne Ausnahme.

Ausnahmen bestehen für Ausländer, die nicht Staatsangehörige der EU-Staaten sind, lediglich in den folgenden Fällen:

– Wenn ein Ausländer seinen Wohnsitz in Italien hat und eine Aufenthaltserlaubnis besitzt.

– Ein Staatenloser, der seinen Wohnsitz seit mindestens drei Jahren in Italien hat.

– Flüchtlinge, die seit mindestens drei Jahren in Italien registriert sind.

Für Schweizer Staatsangehörige ist lediglich der erste dieser drei Punkte von praktischer Bedeutung: Durch eine Wohnsitzverlegung mit entsprechender italienischer Aufenthaltserlaubnis würde das Prinzip der Reziprozität für diesen Schweizer Staatsangehörigen nicht mehr gelten. Er könnte unbeschränkt Immobilieneigentum erwerben.

Die kann allerdings lediglich für Schweizer Staatsangehörige interessant sein, die sich die Wohnsitzverlagerung „leisten“ können. Dies gilt insbesondere für Personen, die nicht (mehr) im Arbeitsleben stehen. Ansonsten könnte die Wohnsitzverlagerung problematisch werden.

Die Alternative ist die Gründung einer Gesellschaft mit Sitz in Italien. Dies ist aber vor allem in steuerlicher Hinsicht relativ teuer.

Daher ist Schweizer Staatsangehörigen, die Immobilieneigentum in Italien erwerben wollen, zu raten, dies in den dafür vorgesehenen Größenordnungen zu tun.

Natürlich gibt es auch Möglichkeiten, eine größere Immobilie „passend“ zu machen, insbesondere durch den Erwerb durch mehrere Personen. Um hier nicht Fehler zu begehen, ist jedoch dringend anzuraten, vor allem in solchen Fällen die Hilfe eines Spezialisten in Anspruch zu nehmen.

Denn ein Verstoß gegen das Reziprozitätsprinzip kann weitreichende Folgen haben und führt zur Nichtigkeit des Kaufvertrages.

Die einzige Möglichkeit, die dem gescheiterten Erwerber bleibt, wäre in diesem Fall, den Notar, der den Vertrag in Kenntnis dieser Umstände geschlossen hat, auf Schadensersatz in Anspruch zu nehmen. Dies würde aber die „verlorene“ Immobilie nicht zurückbringen.

Es ist daher dringend geraten, sich in solchen Fällen umfassend beraten und vertreten zu lassen, um nicht am Ende über diesen Fallstrick zu stolpern.


Studio Legale Reichel
Doris Reichel
Rechtsanwältin/Avvocato