Erbrecht: Banken können nicht generell auf Vorlage eines Erbscheins bestehen

Für ins Ausland entsandte Arbeitnehmer (sog. Expatriates) stellt sich – neben der Frage der Anwendbarkeit des deutschen oder ausländischen Sozialversicherungsrechts – auch die Frage nach der steuerlichen Behandlung, die vielfach zu Streit mit deutschen Finanzämtern führt. Das Finanzgericht Düsseldorf hat sich jüngst mit Einzelfragen der steuerlichen Behandlung von Expatriates befasst (Az.: 11 K 3180/11, Entscheidung v. 13.02.2013) und darüber entschieden, ob Mietaufwendungen im Ausland und arbeitstägliche Fahrten zur Tätigkeitsstätte steuerlich berücksichtigungsfähig sind.

Die Sparkasse hatte insoweit in ihre AGB folgende Regelung aufgenommen:

„Nr. 5 Legitimationsurkunden – (1) Erbnachweise
Nach dem Tode des Kunden kann die Sparkasse zur Klärung der rechtsgeschäftlichen Berechtigung die Vorlegung eines Erbscheins, eines Testamentsvollstreckerzeugnisses oder ähnlicher gerichtlicher Zeugnisse verlangen; fremdsprachige Urkunden sind auf Verlangen der Sparkasse mit deutscher Übersetzung vorzulegen. Die Sparkasse kann auf die Vorlegung eines Erbscheins oder eines Testamentsvollstreckerzeugnisses verzichten, wenn ihr eine Ausfertigung oder eine beglaubigte Abschrift vom Testament oder Erbvertrag des Kunden sowie der Niederschrift über die zugehörige Eröffnungsverhandlung vorgelegt wird.

Der BGH stellt in seiner Entscheidung (Urteil v. 08.10.2013, XI ZR 401/12) fest, dass der Erbe von Rechts wegen grundsätzlich nicht verpflichtet ist, sein Erbrecht durch einen Erbschein nachzuweisen. Diesen Nachweis kann er auch in anderer Form führen.

Dagegen, so der BGH, stehe die Entscheidung, wann die Berechtigung des Erben „klärungsbedürftig“ ist, im Ermessen der Sparkasse. Diese habe nach dem Tod eines Kunden grundsätzlich ein berechtigtes Interesse daran, der Gefahr einer doppelten Inanspruchnahme sowohl durch einen etwaigen Scheinerben als auch durch den wahren Erben des Kunden zu entgehen. Daraus folge indes nicht, dass sie einschränkungslos die Vorlage eines Erbscheins verlangen könne. Vielmehr seien im Rahmen der anzustellenden Interessenabwägung die Interessen des (wahren) Erben – der als Rechtsnachfolger in die Stellung des Erblassers als Vertragspartner der Sparkasse eingerückt ist und auf dessen mögliche Benachteiligung es daher ankommt – vorrangig. Dieser könne nicht dazu verpfichtet werden, auch in Fällen, in denen er sein Erbrecht unproblematisch anders als durch Vorlage eines Erbscheins nachweisen kann, das unnütze Kosten verursachende und zu einer Verzögerung der Nachlassregulierung führende Erbscheinverfahren anstrengen zu müssen. Ebensowenig könne er auf die Möglichkeit verwiesen werden, von ihm zunächst – zu Unrecht – verauslagte Kosten später im Wege des Schadensersatzes, ggf. sogar nur unter Beschreitung des Klageweges, von der Sparkasse erstattet zu verlangen.

Daraus folgt, dass ist ein uneingeschränktes Recht der Sparkasse (oder eines sonstigen Geldinstituts), zur Klärung der rechtsgeschäftlichen Berechtigung die Vorlage eines Erbscheins zu verlangen bzw. in bestimmten Situationen darauf zu verzichten, mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist (§ 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB) und die Kunden entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligt(§ 307 Abs. 1 Satz 1 BGB).

Fazit:
Von Erben verstorbener Kunden können Geldinstitute nun nicht mehr generell die Vorlage eines – oftmals kostenspieligen- Erbscheins zum Nachweis des Erbrechts verlangen. Die Erben können den Nachweis stattdessen auch z.B. durch ein Testament oder einen Erbvertrag führen.

Lediglich in Fällen, in denen das Erbrecht nicht zweifelsfrei feststeht, können Geldinstitute auch weiterhin die Vorlage eines Erbscheins verlangen.


Studio Legale Reichel
Beatrix Grossblotekamp, LL.M.
Rechtsanwältin