ERBRECHT: EINE LEITLINIE ZUR ERBAUSSCHLAGUNG IN ITALIEN

Wann ist es sinnvoll, eine Erbschaft in Italien auszuschlagen?

Wie ist die Ausschlagung geregelt?

Welche sind die Rechtswirkungen einer gültigen Erbschaftausschlagung?

Ein Verwandter oder ein Freund verstirbt und Sie werden testamentarischer oder gesetzlicher Erbe seines Nachlasses in Italien. Üblicherweise werden Sie vor der Annahme der Erbschaft prüfen, ob der Nachlass für Sie tatsächlich einen Vermögensvorteil bringt oder ob er nicht vielleicht sogar überschuldet ist. Denn auch nach italienischem Recht tritt der Erbe in sämtliche aktiven wie passiven Rechtsbeziehungen des Erblassers ein. Dies bedeutet z.B. eben auch, dass der Erbe die Schulden des Erblassers zu tragen hat. Denn grundsätzlich haftet der Erbe für die Schulden des Erblassers nicht nur mit dem Vermögen der verstorbenen Person, sondern auch mit seinem eigenen Vermögen.

Um sich vor einem überschuldeten Nachlass zu schützen, bietet das italienische Recht zwei Möglichkeiten:

1. Der Erbe kann die Erbschaft unter dem Vorbehalt der Inventarerrichtung annehmen (sog. „accettazione con beneficio d’inventario“). Dies wirkt dahingehend, dass das Vermögen des Verstorbenen von jenem des Erben gesondert betrachtet wird. Somit müssen die Schulden des Erblassers nur mit dem Nachlassvermögen bezahlt werden.

2. Die zweite Möglichkeit ist die Ausschlagung der Erbschaft. Der Vorteil einer Ausschlagung liegt darin, dass dieser Weg im Vergleich zur Annahme der Erbschaft unter dem Vorbehalt der Inventarerrichtung (vgl. Ziff.1) grundsätzlich billiger, schneller und weniger aufwendig ist. Die Ausschlagung der Erbschaft ist in den Artikeln 519 ff des italienischen Zivilgesetzbuches (codice civile) geregelt. Hiernach hat die Ausschlagung der Erbschaft durch Erklärung zu erfolgen, die von einem Notar oder von Geschäftsstellenbeamten des örtlich zuständigen Landesgerichtes aufgenommen und in das Register über die Erbfolgen eingetragen wird. Die Ausschlagung unter einer Bedingung, Befristung oder für nur einen Teil des Nachlasses ist nicht möglich.

Wer die Erbschaft ausschlägt, wird so behandelt, als ob er nie zur Erbschaft berufen worden wäre. Solange das Recht, die Erbschaft anzunehmen, nicht gegenüber den Berufenen, die die Erbschaft ausgeschlagen haben, verjährt ist, können diese die Erbschaft unbeschadet der von Dritten an Erbschaftsgütern erworbenen Rechte immer annehmen, wenn die Erbschaft nicht schon von einem anderen Berufenen erworben wurde.

Die Rechtswirkungen einer gültigen Erbausschlagung hängen davon ab, ob es sich um eine gesetzliche oder testamentarische Erbnachfolge handelt. Bei gesetzlicher Erbnachfolge muss geprüft werden, ob das sogenannte Eintrittsrecht („rappresentazione“) zur Anwendung kommt dahingehend, dass die Nachkommen in all jenen Fällen an die Stelle und in den Grad ihres Vorfahren eintreten, in denen dieser die Erbschaft oder das Vermächtnis nicht annehmen kann oder will. Der Eintritt erfolgt in der geraden Linie zugunsten der Nachkommen der Kinder und in der Seitenlinie zugunsten der Nachkommen der Brüder und der Schwestern des Verstorbenen. Man muss also aufpassen, dass man durch die Ausschlagung nicht den eigenen Kindern, die dann als Erbe in Betracht kommen, Schäden verursacht.

Bei testamentarischer Erbfolge könnte der Erblasser für den Fall, dass der eingesetzte Erbe die Erbschaft oder das Vermächtnis nicht annehmen kann oder will, einen Ersatzerben im Testament benannt haben. Sollte der Erblasser nichts Entsprechendes angeordnet haben, könnte wieder das Eintrittsrecht (s.o.) zur Anwendung kommen.

Über die weiteren Rechtwirkungen einer Erbschaftausschlagung und die Möglichen einer Erbeinsetzung beraten wir Sie gerne. Wir stehen Ihnen zur Verfügung, um sowohl die Zweckmäßigkeit einer Ausschlagung rechtlich zu prüfen, als auch um die entsprechenden Schritte in die Wege zu leiten.

Doris Reichel

Avvocato und Rechtsanwältin