Erneuerbare Energie und Photovoltaik in Italien

Die gesetzliche europäische Grundlage und das nationale italienische Recht

Mit dem Klimapaket „20-20-20“ hat die EU den Mitgliedstaaten aufgegeben, 20 % der Emissionen die in die Erdatmosphäre eintreten, zu reduzieren, um 20 % Energie aus erneuerbaren Energien zu erzielen.

Die Gesetzgrundlagen sind die EU-Richtlinie (direttiva) 2019/44 sowie die Richtlinie 2019/943, beide vom 5.6.2019. Entsprechend hat der italienische Gesetzgeber ein sog. Klimadekret erlassen sowie weitere gesetzliche Normen für die Umsetzung der EU-Vorgaben geschaffen.

Die einzelnen Gemeinden können in ihren Bebauungsplänen vorsehen, den Bau von Anlagen zur Energiegewinnung zu regeln. Dabei ist allerdings zu beachten, dass durch die lokalen Normen sowohl der Schutz der Umwelt als auch der Landschaftsschutz nicht beeinträchtigt werden dürfen, denn das würde gegen die italienische Verfassung verstoßen. Mehrfach haben Gerichtsurteile entsprechende lokale Verfügungen zu Fall gebracht.

Um ein Vorhaben, der Herstellung von erneuerbarer Energie durchzuführen, ist daher zunächst in der Gegend, wo das Projekt umgesetzt werden soll, zu prüfen, welche bürokratischen und administrativen Anforderungen gestellt werden und ob das für die erneuerbare Energie vorgesehene Grundstück hierfür auch die entsprechenden Voraussetzungen hat. Damit soll vorzeitig vermieden werden, dass die Investition nicht stattfinden kann, weil unüberwindbare Hindernisse vorliegen.

Welche Grundstücke sind daher dazu geeignet, um darauf Anlagen zur Herstellung von erneuerbarer Energie zu installieren?

Die aktuelle Tendenz des italienischen Gesetzgebers geht grundsätzlich dahin zu untersagen, dass landwirtschaftliche Flächen hierzu benutzt werden dürfen, da diese Flächen insofern geschützt werden, als sie in erster Linie der landwirtschaftlichen Nutzung vorbehalten sind. Sollten aber landwirtschaftliche Flächen ungenutzt brach liegen, wäre daher im Einzelfall zu prüfen, ob diese Flächen für die Errichtung einer Anlage zur Herstellung erneuerbarer Energie herangezogen werden können und dürfen. Es sind in jedem Fall auch die behördlichen Genehmigungen einzuholen.Es ist daher zunächst festzustellen, ob das in Frage kommende Grundstück zur Nutzung der Errichtung einer Anlage zum Herstellen von erneuerbarer Energie in Frage kommen kann und ob die entsprechenden Genehmigungen für die Errichtung einer solchen Anlage erteilt werden würden.

Welche Verträge sind geeignet für den Erhalt von Flächen zur Errichtung von Anlagen zur Gewinnung von erneuerbaren Energien?

Hier ist zunächst einmal an den Erwerb von Grundstücken, auch landwirtschaftlicher Art, zu denken.Sind die oben genannten Voraussetzungen gegeben, das eine landwirtschaftliche Fläche, weil sie brach liegt, auch für die Gewinnung von erneuerbaren Energien benutzt werden darf, so wäre zu überprüfen, dass es  für diese Flächen keine Vorkaufsberechtigten gibt. Hierbei handelt es sich um Personen der Nachbarschaft, die in der Landwirtschaft arbeiten und in speziellen Verbänden eingetragen sind. Auch ein Pächter hätte ein Vorkaufsrecht. Will ein Investor ein Grundstück erwerben, muß diese Frage von potenziellen Vorkaufsberechtigten bereits zum Zeitpunkt der Vorvertragserrichtung abgeklärt worden sein. Gibt es Vorkaufsberechtigte, so ist ihnen dieses Recht anzudienen. Das erfolgt dadurch, indem der Vorvertrag, der immer einem Notarkaufvertrag vorgelagert ist, dem Vorkaufsberechtigten zugestellt wird. Läuft die Frist (in der Regel 30 Tage ab Zustellung) ab und der Vorkaufsberechtigte reagiert nicht, kann der Erwerber frei notariell erwerben. Möglich ist es auch, Verzichtserklärungen der potenziellen Vorkaufsberechtigten einzuholen. Sollten einem Vorkaufsberechtigen sein Recht nicht angedient werden, könnte dieser noch innerhalb eines Jahres ab dem notariellen Kaufvertrag von seinem Rückkaufsrecht Gebrauch machen. Das kann dazu führen, dass ein Investor sehr viel Geld verliert, wenn er versucht, das Geschäft zu retten, indem er sich mit einem Vorkaufsberechtigten zu einigen versucht und diesen ggf. entschädigen muss. Im schlimmsten Fall verliert er aber das Grundstück an den Vorkaufsberechtigten und kann nur noch Schadenersatzansprüche an seinen Verkäufer stellen. Neben dem Erwerb eines Grundstücks gibt es noch andere Instrumente, ein Grundstück für den Bau einer Anlage zur Gewinnung von erneuerbarer Energie zur Verfügung zu erhalten.Die Errichtung oder Übertragung eines Oberflächenrechts (sog. diritto di superficie) ist ein angemessenes und weit verbreitetes Instrument, um die Verfügbarkeit eines Gebietes oder Grundstücks anderer zu erlangen. Da es sich bei dem Oberflächenrecht um ein Recht handelt, das einer Hypothek unterliegen kann, erleichtert es dem Berechtigten Finanzierung und Zuschüsse zu erhalten. Das italienische Recht trennt hierbei das Eigentum an dem Grundstück selbst, von dem Recht der Nutzung an seiner Oberfläche, so dass der Berechtigte der Oberfläche bauliche Errichtungen auf dem Grundstück vornehmen darf, sofern sie genehmigt werden, wobei ihm das Grundstück aber nicht zu Eigentum gehört. Das Recht ist grundsätzlich unbefristet. Wurde jedoch das Recht für eine bestimmte Zeit begründet, was vertraglich möglich ist, erlischt nach Ablauf der Zeit das Oberflächenrecht und der Eigentümer des Grundstücks würde grundsätzlich nach Gesetz Eigentümer der Konstruktion auf dem Grundstück werden. Die Dauer eines Oberflächenrechts beträgt bei Photovoltaikanlagen in der Regel 20 Jahre. Das ist der Zeitraum nach der eine Anlage veraltert, abgeschrieben und ausgedient haben dürfte. Aus diesem Grunde wird üblicherweise vertraglich vereinbart, dass der Berechtigte nach Ablauf des Vertrages die Anlage zu entfernen hat.Auch der Mietvertrag ist ein weit verbreitetes Instrument, der es auch ermöglicht, leicht Zuschüsse und Darlehen zu erhalten. Ein solcher Mietvertrag, der kommerzieller Natur ist, hat nach italienischem Recht eine Dauer von 6 + 6 Jahren. Das bedeutet, er erneuert sich automatisch nach 6 Jahren, es sei denn er wird vom Mieter gekündigt (Gesetz 392 aus 1978). Die Vertragsparteien sind natürlich frei, auch eine längere Vertragsdauer im Mietvertrag zu vereinbaren. Handelt es sich bei dem Grundstück allerdings um ein landwirtschaftliches Grundstück, kommen die landwirtschaftlichen Pachtverträge zum Zuge, die aufgrund Gesetzes bereits eine lange Vertragsdauer von 15 Jahren haben und sich nach Ablauf der ersten 15 Jahre nochmals um den gleichen Zeitraum verlängern können.

Die Bestellung des Oberflächenrechts dürfte sicherlich das wohl gebräuchlichste Verhandlungsinstrument darstellen, um vertraglich die Beziehung zwischen dem Eigentümer eines Grundstücks und einem Investor, der an der Installation von Photovoltaikanlagen interessiert ist, zu regeln, da dies eine dauerhafte und unbegrenzte Nutzung innerhalb der Vertragszeit gewährleistet. Der Vertrag über die Errichtung des Oberflächenrechts mit einer Vertragsdauer von 20 Jahren dürfte trotz hoher Kosten für den Unternehmer noch wirtschaftlich sein. Nach Ablauf der 20 Jahre dürfte die Anlage in der Regel altersbedingt nicht mehr ertragreich sein.
Die Parteien schließen in diesem Falle eines Oberflächenrechts einen Vorvertrag ab, um alle Situationen vertraglich zu regeln, die vor der Installation auftreten könnten. Damit werden die  Vertragsparteien gebunden, bis alle erforderlichen Genehmigungen für die Errichtung der Anlage vorliegen.
In dem sich danach anschließenden notariellen Vertrag werden die Vereinbarungen der Parteien festlegt, wie z.B. die Art der zu errichtenden Anlage, den geschätzten Rentabilitätsplan, den Vertragsgegenstand, die Dauer der Vertragsbeziehung und die Zahlungsmethoden. Der Notar ist verpflichtet zu überprüfen, ob alle Verfahren zur Erlangung von Genehmigungen für die Installation der Anlage eingehalten wurden.

Avvocato/Rechtsanwältin

Doris Reichel

Studio Legale Reichel