Exporte nach Italien

Forderungsabsicherung- Eigentumsvorbehalt grenzüberschreitend sicher vereinbaren!

Italien ist für deutsche Exporteure ein großer Absatzmarkt, zahlreiche deutsche Unternehmen liefern täglich Waren dorthin. Nicht selten kommt es dann aber zu Verzögerungen oder sogar dem gänzlichen Ausbleiben von Zahlungen.

Um Forderungen schon im Vorfeld abzusichern, steht grundsätzlich eine relative breite Auswahl an Zahlungsbedingungen zur Verfügung, die von Vorauskasse über Teilzahlungen, Rechnungen gesichert durch eine Bankgarantie bis zur Zahlung per Akkreditiv oder Wechsel reicht. In der Praxis sind allerdings Voraus- und Teilzahlungen angesichts der finanziellen Situation vieler italienischer Unternehmen relativ selten, vielmehr wird meist einfach ein Zahlungsziel unter Rechnungsstellung gesetzt. Dies im Vertrauen darauf, dass die Forderung abgesichert ist, weil für die gelieferte Ware ja ein Eigentumsvorbehalt vereinbart worden sei. Die Praxis belegt aber, dass der als vereinbart geglaubte Eigentumsvorbehalt in Italien sehr häufig gar nicht durchsetzbar ist. Konsequenz für den deutschen Exporteur: Ware weg, Forderungsausfall.

Gerade deutsche Unternehmer verlassen sich zur Absicherung ihrer Forderung gerne ausschliesslich auf den in Deutschland etablierten Eigentumsvorbehalt, häufig mit der Begründung, dass dieser doch “in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen vereinbart” (dazu sogleich unter 2.) sei und “eine Rechtswahl zugunsten des deutschen Rechts” (siehe unter 1.) getroffen wäre. Und genau hierin liegt häufig die fehlerhafte Annahme:

1. wer Eigentümer einer Sache ist, ist keine Frage des einer Rechtswahl allein zugänglichen Vertragsrechts, sondern des Sachenrechts. Eine Rechtswahlmöglichkeit der Vertragsparteien ist für das Sachenrecht nicht vorgesehen. Nach welchem nationalen Sachenrecht die Eigentumsfrage zu beurteilen ist, kann deshalb nicht durch Rechtswahl von den Parteien bestimmt werden. Entscheidend für die Eigentumsfrage ist daher allein, wo sich die Ware befindet- befindet sie sich noch in Deutschland, ist nach den Vorschriften des deutschen Rechts zu beurteilen, wer ihr Eigentümer ist.; befindet sich die Ware dagegen in Italien, beantwortet sich die Eigentumsfrage ausschliesslich nach den entsprechenden Vorschriften des italienischen Sachenrechts. Erfolgte der Eigentumsübergang in einem der beiden Länder, kommt es im Fall eines grenzüberschreitenden Transportes nicht mehr zu einer Änderung der Eigentumsverhältnisse. Ist in Italien für den Eigentumsübergang “nur” der Abschluss eines (schriftlichen oder mündlichen) Kaufvertrages notwendig, bedarf es hierfür nach den Bestimmungen des deutschen Rechts auch noch der Übergabe der Sache an den Käufer. D.h.: solange sich die Ware in Deutschland befindet, ist der italienische Käufer noch nicht Eigentümer geworden. Sobald die Ware jedoch die Grenze überschreitet, wird der Käufer nach den Vorschriften des italienischen Rechts (Kaufvertrag ausreichend, Übergabe nicht erforderlich) zum Eigentümer.

In Deutschland ist der Eigentumsvorbehalt eines der gängisten Sicherungsmittel des Verkäufers. In Italien spielt er augenblicklich im Bereich des Warenverkehrs kaum eine Rolle, was zum einen damit zusammenhängen dürfte, dass das italienische Recht die Figuren der reichweitestarken verlängerten und erweiteren Eigentumsvorbehalte nicht kennt. Somit ist der Anreiz, einen Eigentumsvorbahelt zu vereinabren, nicht gerade erhöht. Nach italienischem Recht kann der Verkäufer im Fall der Verarbeitung das vorbehaltene Eigentum also ohne weiteres verlieren.

Hinzukommt, dass die Vereinbarung des Eigentumsvorbehalts nach italienischem Recht relativ aufwändig ist: er muss spätestens bei Abschluss des Vertrages unter Einhaltung sehr strenger Formvorschriften vereinbart werden. Zwar ist auch nach italienischem Recht die Vereinbarung des Eigentumsvorbehalts durch einfache schriftliche Vereinbarung möglich. Sie wirkt dann jedoch ausschliesslich zwischen den Vertragsparteien und ist gegenüber Dritten (z.B. anderen Gläubigern des Käufers, die in die Waren vollstrecken oder dem Insolvenzverwalter) wirkungslos. Eine Wirkung des Eigentumsvorbehalts gegenüber Dritten kann nur dann erreicht werden, wenn sich die Klausel in einer Urkunde mit “öffentlich festgestelltem Datum” (sog. data certa) findet. Dafür gibt es folgende Möglichkeiten:
– Anbringen des Datumstempels eines Postamtes oder
– Anbringen einer vom Postamt abgestempelten Briefmarke oder
– Beglaubigung der Unterschriften des Verkäufers und des Käufers durch einen Notar oder eine andere, hierzu ermächtigte Amtsperson oder
– Registrierung des Vertrages bei einem ufficio del registro per gli atti privati; diese Stellen befinden sich bei allen italienischen Landgerichten, die für die Registrierung eine vom Wert des Vertrages abhängige Gebühr erheben.

Durch das italienische Gesetzesdekret Nr. 249 wurden die Voraussetzungen nochmals verschärft. Weitere Voraussetzung für die Wirksamkeit der Vereinbarung ist nunmehr auch, dass sich auf den Rechnungen, die buchhalterisch korrekt registriert sein müssen, der Hinweis befindet, dass die Ware unter Eigentumsvorbehalt geliefert wird. Die Rechnungen müssen, wie auch die Vereinbarung, mit der data certa versehen sein.

Bei Maschinen wird darüber hinaus u.a. noch die Eintragung in ein Register und die Anbringung eines gut sichtbaren Schildes an der Maschine des Eigentümers gefordert.

2. Ist der Eigentumsvorbehalt in Allgemeinen Geschäftsbedingungen enthalten, wird vielfach zum einen übersehen, dass das italienische Recht den erweiterten und verlängerten Eigentumsvorbehalt gar nicht kennt. Zum anderen werden die Vorschriften des italienischen Rechts zur Vereinbarung von AGBs häufig nicht beachtet mit der Folge, dass die AGBs nicht wirksam vereinbart sind. Insoweit ist zu bemerken, dass AGBs nach italienischem Recht ausdrücklich schriftlich angenommen werden müssen. Der in Deutschland übliche Hinweis auf die auf der Rückseite von Angeboten und Auftragsbestätigungen abgedruckten Geschäftsbedingungen oder die inzwischen auch häufig zu findende Verfahrensweise, diese über die Homepage zur Verfügung zu stellen, genügt hierfür nicht. Vielmehr muss der Vertragspartner mit seiner Unterschrift ausdrücklich bestätigen, das er die entsprechende Vereinbarung zur Kenntnis genommen hat.
Fazit:
Die Frage, ob und wann das Eigentum übergeht, beurteilt sich nach dem Recht des Landes, in dem sich die Ware befindet. Eine Rechtswahl im Sachenrecht ist nicht wirksam. Deutsche Exporteure verlieren das Eigentum an den Waren regelmäßig schon dann, wenn die Ware die italienische Grenze überschreitet, denn dann gilt italienisches Recht. Hiernach erwirbt der Käufer das Eigentum schon bei Aussonderung der Kaufsache.
Ist der Eigentumsvorbehalt in AGBs enthalten ist zu beachten, dass diese nach italienischem Recht ausdrücklich schriftlich angenommen werden müssen. Es genügt nicht, sie über z.B. über die Homepage zur Verfügung zu stellen oder in einer Auftragsbestätigung auf die AGBs hinzuweisen. Empfehlenswert dürfte, natürlich abhängig vom jeweiligen Einzelfall, jedenfall ein Satz sein -der Bestandteil der zu unterzeichnenden Vereinbarung ist- wonach die den Eigentumsvorbehalt beeinhaltenden AGB ausdrücklich vereinbart werden.
Selbst ein wirksam vereinbarter Eigentumsvorbehalt kann Dritten nur dann entgegengehalten werden, wenn die Formvorschriften nach italienischem Recht eingehalten wurden. Der Eigentumsvorbehalt muss unter Ausweisung der data certa vereinbart werden. Auf den Rechnungen, die buchhalterisch korrekt registriert sein müssen, muss sich zusätzlich der Hinweis befinden, dass die Ware unter Eigentumsvorbehalt geliefert wird. Die Rechnungen müssen ebenfalls mit der data certa versehen sein. Beim Eigentumsvorbehalt für Maschinen sind weitere Anforderungen zu beachten.
Wer als deutscher Unternehmer Waren nach Italien exportiert, muss sich darauf gefasst machen, dass der ihm vertraute Eigentumsvorbehalt in Italien an strengere Bedingungen geknüpft ist und weniger Sicherungsmöglichkeiten entfaltet. Zur Forderungsabsicherung im Warenverkehr mit Italien ist daher eine sorgsame Vertrags- und AGB- Gestaltung unter Beachtung der Formvorschriften ratsam.


Studio Legale Reichel
Beatrix Grossblotekamp, LL.M.
Rechtsanwältin