Fahrerlaubnisentzug im EU-Ausland

In einer aktuellen Entscheidung hat sich der Europäische Gerichtshof (EuGH) mit der Frage befasst, ob einem Führerscheininhaber von einem anderen Mitgliedstaat das Recht abgesprochen werden kann, in seinem Hoheitsgebiet zu fahren, nachdem er dort einen Verkehrsverstoß begangen hat (Urteil vom 23.04.2015, Az.: Rs. C- 260/13).

Im vom Gericht entschiedenen Fall geriet die im EU-Ausland wohnhafte Klägerin in Deutschland in eine polizeiliche Verkehrskontrolle. Die Untersuchung der Blutprobe ergab, dass die Klägerin unter Einfluss von Cannabis gefahren war und dass sie dieses Rauschmittel zumindest gelegentlich konsumierte. Die deutschen Behörden waren daher der Auffassung, dass sie zum Führen von Kraftfahrzeugen ungeeignet sei; sie sprachen ihr das Recht ab, mit ihrem ausländischen Führerschein in Deutschland zu fahren. Gleichzeitig wurde sie darüber informiert, dass sie in Deutschland erst wieder fahren dürfe, wenn sie ein medizinisch-psychologisches Gutachten über den Nachweis der Abstinenz von jeglichem Konsum berauschender Mittel während eines Jahres vorlege. Im Gegensatz zur Entscheidung der deutschen Behörden wurde die Klägerin in ihrem EU- Heimatland allerdings weiterhin als zum Führen von Kraftfahrzeugen geeignet angesehen und behielt ihren Führerschein. Gegen die Entscheidung der deutschen Behörden, dass vom ausländischen Führerschein in Deutschland vorerst nicht Gebrauch gemacht werden dürfe, beschritt die Klägerin den Rechtsweg.

Der EuGH hat entschieden, dass einem Führerscheininhaber von einem anderen EU- Mitgliedstaat durchaus das Recht abgesprochen werden kann, in seinem Hoheitsgebiet zu fahren, nachdem er dort einen Verkehrsverstoß begangen hat, der geeignet ist, seine fehlende Fahreignung herbeizuführen. Allerdings aber dürfe dieses Recht nicht unbegrenzt verwehrt werden und die Bedingungen für seine Wiedererlangung müssten den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz beachten.

Da in Deutschland – selbst wenn kein medizinisch-psychologisches Gutachten vorliege – das Recht, von einem ausländischen Führerschein Gebrauch zu machen, vollständig wiedererlangt werde, wenn nach Ablauf einer bestimmten Frist (im Fall der Klägerin: 5 Jahre) die Eintragung des Eignungsmangels aus dem deutschen Fahreignungsregister getilgt werde und daher die Klägerin nach Ablauf dieser Frist erneut von ihrem Führerschein in Deutschland Gebrauch machen könne (ohne ein medizinisch-psychologisches Gutachten vorlegen zu müssen), würden die deutschen Bestimmungen der Anerkennung des Führerscheins der Klägerin nicht unbegrenzt entgegen stehen. Außerdem, so führt der EuGH in seiner Entscheidung weiter aus, sei die Tatsache, dass die Wiedererlangung des Rechts, ein Kraftfahrzeug zu führen, von der Vorlage eines medizinisch-psychologischen Gutachtens oder vom Ablauf eines Zeitraums von fünf Jahren abhängig gemacht werde, als ein wirksames und zum Ziel der Verbesserung der Sicherheit im Straßenverkehr im Verhältnis stehendes Präventionsmittel zu sehen.


Studio Legale Reichel
Beatrix Grossblotekamp, LL.M.
Rechtsanwältin