Fallstricke beim Auslandsgeschäft: Ausschluss des UN-Kaufrechts (CISG) nicht in allen Fällen ratsam!

In grenzüberschreitenden Warenkaufverträgen wird bei der Vertragsgestaltung die Anwendbarkeit des UN- Kaufrechts (CISG) vielfach einfach ausgeschlossen. Häufig findet sich auch gar kein Ausschluss, sondern nur ein Verweis auf ein nationales Recht, z.B. durch eine Formulierung wie “Es gilt deutsches Recht”. Die Vertragsparteien gehen dabei davon aus, dass das nationale Recht im Streitfall zur Anwendung kommt. Dabei wird übersehen, dass mit der vorstehenden Formulierung tatsächlich nicht das nationale Recht, sondern das UN-Kaufrecht (CISG) vereinbart wurde. Dies, weil schlichtweg vergessen wurde, dessen Anwendung auszuschließen.
Dass die Anwendung des CISG aber oftmals gar nicht zu Nachteilen führen muss, zeigt eine neuere Entscheidung des BGH (Urteil vom 26.09.2012, Az. VIII ZR 100/11).

1. Urteil des BGH:

In dem vom BGH entschiedenen Fall bestellte eine deutsche Käuferin bei einem niederländischen Zulieferer Kartoffelseparierungston zur Verwendung im Lebensmittelbereich. Der Zulieferer wusste, dass der Ton Dioxin enthielt, verschwieg dies aber der Käuferin. Diese erhob Klage und verlangte Schadensersatz. Der Zulieferer hielt dem entgegen, die Käuferin habe es versäumt, bereits in der Wareneingangskontrolle festzustellen, dass der Ton dioxinhaltig war, weshalb sie ihre Gewährleistungsansprüche nicht rechtzeitig angezeigt und diese somit verloren habe. Der BGH stellte in seiner Entscheidung fest, dass die Käuferin ihre Gewährleistungsrechte nicht deshalb verloren habe, weil sie den Mangel zu spät angezeigt hatte: gemäss Art. 40 CISG könne sich der Verkäufer, d.h. hier der Zulieferer, nicht auf den Einwand der verspäteten Rüge berufen, wenn er den Mangel kannte oder kennen musste. Der BGH gab der Klage teilweise statt und teilte den Schaden hälftig zwischen den Parteien auf mit der Begründung, sowohl die Käuferin wie auch der Zulieferer hätten zur Entstehung des Schadens beigetragen- so hätte der Zulieferer mangelhaften, nicht zur Separierung geeigneten Ton geliefert, die Käuferin hatte sich nicht über die Unbedenklichkeit des Tons vergewissert.

2. BGB- sowie HGB- Kaufrecht vs. UN- Kaufrecht:

Sowohl nach dem im BGB und HGB geregelten Kaufrecht (§ 377 HGB) als auch nach dem UN-Kaufrechtsabkommen (Art. 38 CISG) besteht eine Obliegenheit des Käufers, die Ware zu untersuchen und Mängel zu rügen. Ein Vorteil für den Käufer besteht nach dem UN-Kaufrecht darin, dass eine Rüge des Käufers, die innerhalb eines Zeitraums von einer Woche bis zu einem Monat erfolgt, – abhängig von den Umständen des jeweiligen Falls– noch als rechtzeitig angesehen werden kann, wohingegen gemäß § 377 HGB eine Rüge grundsätzlich innerhalb von zwei bis zehn Tagen -gleichfalls abhängig von den Umständen des jeweiligen Falls- zu erfolgen hat.

Die BGH- Entscheidung veranschaulicht noch einen weiteren Vorteil des UN- Kaufrechts für den Käufer gegenüber den Regelungen des BGB und HGB: gemäss § 377 Abs. 5 HGB verliert der Verkäufer den Einwand der nicht rechtzeitigen Rüge nur, wenn der Verkäufer den Mangel „arglistig“ verschwiegen hat. Das ist nur dann der Fall, wenn der Verkäufer den Käufer absichtlich täuscht und gleichzeitig weiß oder vermutet, dass die Ware mangelhaft ist. Nach dem UN-Kaufrecht hingegen behält der Käufer seine Gewährleistungsansprüche schon in Fällen, in denen der Verkäufer von dem Mangel „hätte wissen müssen“. D.h., dass das CISG keine Absicht des Verkäufers voraussetzt, eine grob fahrlässige Unkenntnis des Verkäufers vom Mangel ist ausreichend.

3. Fazit:

Die Entscheidung des BGH darf nicht dahin missverstanden werden, dass die Anwendung des CISG grundsätzlich zu einer Bevorzugung des Käufers führt. Vielmehr ist das CISG weder einseitig käufer-, noch verkäuferfreundlich. Es weist Unterschiede zum BGB- und HGB- Kaufrecht auf, kann demgegenüber aber -abhängig von der jeweiligen Fallkonstellation- Vorteile bringen. Daher ist der Ausschluss des CISG nicht für alle Fälle sinnvoll. Von daher ist zu empfehlen, für die vertragliche Gestaltung der jeweiligen grenzüberschreitenden Warenlieferung genau zu überprüfen, ob das UN-Kaufrecht oder das BGB-Kaufrecht zur Anwendung gebracht werden soll. Gelangt man zu dem Ergebnis, dass die Anwendbarkeit des UN-Kaufrecht gleichwohl ausgeschlossen werden soll, ist besonderes Augenmerk auf eine sorgfältige Formulierung der entsprechenden Klausel zu legen, um eine überraschende Anwendbarkeit des UN-Kaufrechts auf den Vertrag zu vermeiden.


Studio Legale Reichel
Beatrix Grossblotekamp, LL.M.
Rechtsanwältin