Familienrecht: Ausschluss des Zugewinnausgleichs wegen langer Trennungszeit?

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat sich mit der Frage befasst, ob eine lange Trennungszeit den Zugewinnausgleich ausschliesst. In seiner hierzu kürzlich ergangenen Entscheidung (Urteil v. 09.10.2013, Az.: XII ZR 125/12) hat er klargestellt, dass eine ungewöhnlich lange Trennungszeit den Ausschluss des Zugewinnausgleichs nur dann rechtfertigt, wenn während dieser Zeit eine innere Beziehung des Vermögens zu der ehelichen Lebensgemeinschaft fehlt. Erst dann kann die Ausgleichspflicht wegen grober Unbilligkeit verweigert werden.

Im vom BGH entschiedenen Fall hatte der beklagte Ehemann von seiner Mutter während der Ehezeit im Jahre 1982 drei Grundstücke an einem See geschenkt bekommen. Nach fast 18-jähriger Ehezeit kam es im Jahr 1990 zur Trennung, die Ehe wurde allerdings erst im Jahr 2007 geschieden. Im Zuge der Ehescheidung erhielt die klagende Ehefrau einen Zugewinnausgleich in Höhe von nahezu € 600.000,- zugesprochen. Damit war der beklagte Ehemann nicht einverstanden. Er berief sich darauf, dass ihm gemäß § 1381 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (Leistungsverweigerung wegen grober Unbilligkeit) ein Leistungsverweigerungsrecht zustehe, da er von seiner Ehefrau bereits eine ungewöhnlich lange Zeit getrennt gelebt habe.

Das Gericht wies die Revision des Beklagten jetzt als unbegründet zurück. Der Beklagte könne die Ausgleichsforderung nicht gemäß § 1381 BGB wegen grober Unbilligkeit verweigern. Der Zugewinnausgleich solle den Parteien ermöglichen, an dem in der Ehe gemeinsam erwirtschafteten Vermögen teilzuhaben. Nur wenn ein solcher Ausgleich grob unbillig und dem Gerechtigkeitsempfinden in unerträglicher Weise widerspreche, könne der Schuldner die Ausgleichspflicht verweigern. Zwar könne ein Fall von unbilliger Härte bei ungewöhnlich langer Trennungszeit vorliegen, allerdings müsse in diesen Fällen nachweislich das Endvermögen erst nach der Trennung erwirtschaftet worden sein und es dürfe keine innere Beziehung des Vermögens zur ehelichen Lebensgemeinschaft mehr bestehen. Für eine während der Trennungszeitweiterhin bestehende innere Beziehung zur ehelichen Lebensgemeinschaft sprechen nach Ansicht des Gerichts folgende Punkte:

  • der Zeitpunkt des Erwerbs der Grundstücke lag acht Jahre vor der Trennung
  • eines der Häuser wurde noch während des Zusammenlebens renoviert und    erweitert
  • der Nießbrauch der Mutter des Beklagten wurde mehrere Jahre vor der Trennung       gelöscht
  • bis zum Jahr 2005 wurden beide steuerlich noch gemeinsam veranlagt.

Auch die Tatsache, dass der Beklagte von der Möglichkeit der vorzeitigen Aufhebung der Zugewinngemeinschaft bzw.des vorzeitigen Zugewinnausgleichs gemäß §§ 1385, 1386 BGB keinen Gebrauch machte, spricht nach Auffassung der Richter ebenfalls gegen die Annahme einer groben Unbilligkeit.

Der Zugewinnausgleich fand deshalb letztlich doch für den Zeitraum der Trennung bis zur Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags statt (§ 1384 BGB), die klagende Ehefrau hat damit Anspruch auf Zahlung der ca. € 600.000,- als Zugewinnausgleich.

Fazit:  Für den Ehepartner, der zum Ausgleich des Zugewinns verpflichtet wäre, kann es sinnvoll sein, nach dreijährigem Getrenntleben die vorzeitige Aufhebung der Zugewinngemeinschaft bzw. den vorzeitigen Zugewinnausgleich zu verlangen. So kann u.U. verhindert werden, dass ein Vermögenszuwachs in die Ausgleichsberechnung beim Zugewinn einfliesst, sollte es irgendwann doch zur Ehescheidung kommen.


Studio Legale Reichel
Beatrix Grossblotekamp, LL.M.
Rechtsanwältin