Familienrecht: Kindesunterhalt – kein Unterhalt bei Deckung des Unterhaltsbedarfs durch BAföG

Das Oberlandesgericht Hamm (Beschluss vom 15.11.2013, Az.:2 WF 161/13) hat entschieden, dass ein Kind von seinen Eltern keinen Unterhalt verlangen kann, soweit es seinen Unterhaltsbedarf durch BAföG-Leistungen decken kann, auch wenn diese zum Teil als Darlehen gewährt werden.

Im entschiedenen Fall war Antragstellerin eine 21 Jahre alte Studentin, deren an einem anderen Wohnort ansässiger Vater monatlichen Kindesunterhalt in Höhe von € 210,- bezahlte. Unter Hinweis auf ihr Studium verlangte die Studentin von ihrem Vater eine Erhöhung der monatlichen Unterhaltsleistungen auf 380,- Euro. Einen Antrag auf BAföG-Leistungen, die regelmäßig zu 50% als Zuschuss und zu 50% als zinsloses Darlehen gewährt werden, hatte sie nicht gestellt. Dies u.a., um sich nicht schon zu Beginn ihres Berufslebens zu verschulden.

Nach Auffassung des Oberlandesgerichts hat die Studentin ihre Unterhaltsbedürftigkeit nicht dargetan. BAföG-Leistungen seien unterhaltsrechtliches Einkommen, das die Bedürftigkeit mindere. Im Unterhaltsrecht obliege es dem Verpflichteten, ein Darlehen aufzunehmen, um seine Leistungsfähigkeit zu erhalten. Entsprechendes gelte aber auch für den Unterhaltsberechtigten, der – im Rahmen des Zumutbaren – eine Möglichkeit zur Kreditaufnahme ausnutzen müsse, um nicht selbst unterhaltsbedürftig zu werden. Daher, so das Gericht, sei es der Studentin zuzumuten, BAföG-Leistungen in Anspruch zu nehmen. Diese würden zur Hälfte als Zuschuss und zur anderen Hälfte als unverzinsliches Darlehen gewährt. Das Darlehen sei erst fünf Jahre nach dem Ende der Förderung in monatlichen Raten – bis zu einem Höchstbetrag von 10.000 Euro – zu tilgen, wobei bei guten Leistungen ein Teil des Darlehens erlassen werde. Wegen dieser günstigen Darlehensbedingungen sei es einem Studierenden in der Regel zuzumuten, BAföG in Anspruch zu nehmen. Für einen von ihr vorzutragenden und nachzuweisenden Ausnahmefall habe die Studentin nichts dargelegt. Allein aus der Motivation heraus, nicht bereits zu Beginn des Berufslebens mit einer Darlehensverbindlichkeit aus BAföG-Leistungen belastet zu sein, sei die Inanspruchnahme von BAföG nicht unzumutbar.

Da es die Studentin bewusst unterlassen habe, einen BAföG-Antrag zu stellen, sei ihr in Höhe der BAföG-Leistungen ein fiktives, ihren Unterhaltsanspruch minderndes Einkommen zu unterstellen. Dass sie mit diesem und mit dem seitens des Vaters gezahlten Unterhalt ihren monatlichen Mindestbedarf nicht decken könne, sei nicht ersichtlich.

Fazit: Beantragt das in Ausbildung befindliche Kind kein BAföG, obwohl die Bewilligungsvoraussetzungen gegeben sind, und fordert es stattdessen Unterhalt von seinen Eltern, kann dem Kind in Höhe der BAföG-Leistungen ein fiktives Einkommen auf seinen Unterhaltsbedarf angerechnet werden. Dies kann dazu führen, dass keine bzw. nur noch eine entsprechend reduzierte Unterhaltspflicht der Eltern besteht


Studio Legale Reichel
Beatrix Grossblotekamp, LL.M.
Rechtsanwältin