Immobilienerwerb in Italien: Praxistipps und Neues zu Kauf, Mängeln, Steuern!

Der Trend, Geld in Sachwerte, wie z.B. Immobilien, zu investieren, scheint seit dem Beginn der Finanzkrise im Jahr 2008 ungebrochen. So auch in Italien: nach der Erklärung der italienischen Notenbank, dass der italienische Immobilienmarkt einer der stabilsten Europas sei, ist jedenfalls eine anziehende Auslandsnachfrage auffällig. Dies nicht nur von Privatpersonen, die ihr Geld in eine Ferienimmobilie investieren möchten (siehe zu deren Erwerb auch den Artikel “Ferienimmobilien in Italien” hier im Nachrichtenarchiv 2006), sondern auch von ausländischen Unternehmen. 

K A U F:

1. Sowohl ausländische Privatpersonen wie auch Unternehmen können in Italien Immobilieneigentum erwerben. Für Angehörige der EU-Staatem gibt es keine Beschränkungen, wohingegen für Nicht-EU-Ausländer das Prinzip der Gegenseitigkeit zur Anwendung kommt. Danach geniesst ein Ausländer in Italien diejenigen Rechte, über die ein Italiener im Staat des Ausländers verfügen würde. Insoweit bestehen zwischen Italien und zahlreichen Staaten entsprechende Verträge.

Neben dem direkten Kauf einer Immobilie besteht in Italien auch die Möglichkeit, eine Gesellschaft oder einen Betrieb zu erwerben, der/dem die Immobilie gehört, was unter steuerrechtlichen Gesichtspunkten sehr vorteilhaft und daher interessant sein kann. In diesem Fall erfolgt der Erwerb der Immobilie indirekt über die erworbene Gesellschaft

2. Wer eine Immobilie in Italien erwerben möchte, sollte sich allerdings immer vor Augen halten, dass sich das italienische Immobilienrecht grundlegend vom deutschen Recht unterscheidet. So gibt es -mit Ausnahme einiger Regionen- z.B. keine Grundbücher in Italien und für die Übertragung des Eigentums an einer Immobilie ist, anders als in Deutschland, die Eintragung in das Grundbuch nicht erforderlich.

Wie in Deutschland aber auch, wird zum Erwerb einer Immobilie häufig ein Makler eingeschaltet. Dieser muss bei der örtlichen Handelskammer ordnungsgemäss registriert sein, was eine entsprechende fachliche Qualifikation voraussetzt und gleichzeitig sicherstellen soll, dass der Makler haftpflichtversichert ist. Stellt sich heraus, dass der Makler nicht ordnungsgemäss oder gar nicht registriert ist, kann er wegen Ausübung einer nicht genehmigten Tätigkeit belangt werden. Auch hat er dann keinen Anspruch auf die Maklercourtage, die ihm in Italien üblicherweise sowohl vom Käufer als auch vom Verkäufer bezahlt wird.

3.Ob mit oder ohne Makler: der Immobilienerwerb beginnt in den allermeisten Fällen mit der (a.) Unterbreitung eines Angebots und (b.) einer sorgfältigen Prüfung der Immobilie.

a. Das Angebot kann bindend oder nicht bindend sein. Bei einem nicht bindenden Angebot ist besonderes Augenmerk darauf zu legen, dass eine mögliche vorvertragliche Haftung und daraus folgende Schadensersatzansprüche nicht entstehen können. Eine solche vorvertragliche Haftung kann sich z.B. dann ergeben, wenn Vertragsverhandlungen ohne rechtfertigenden Grund abgebrochen werden.

Das bindende Angebot muss alle Informationen enthalten, die für den Kaufvertrag gesetzlich vorgeschrieben sind, d.h. unter anderem Angaben zu Käufer und Verkäufer enthalten, zur Immobilie und ihrem Kaufpreis sowie zur Zahlungsabwicklung und erforderlichenfalls zu Baugenehmigungen.

b. Die Prüfung der Immobilie sollte zum einen eine sorgfältige Recherche zu Eigentumsfragen und Belastungen beeinhalten wie auch eine entsprechende Risikoabwägung. Unerlässlich ist die Überprüfung, wer tatsächlich Eigentümer der Immobilie ist. Hierfür kann durch einen Notar beim Liegenschaftsregister ein Bericht über die die Immobilie betreffenden Rechtsgeschäfte der letzen 20 Jahre angefordert werden. Zusätzlich sollte beim Katasteramt ein Auszug angefordert werden, um weitere Informationen zu erhalten. Damit sind auch Informationen darüber zu erhalten, ob für die Immobilie Belastungen wie Hypotheken u. ä. bestehen, ob es Miteigentümer gibt oder ob umwelt- oder denkmalschutzrechtliche Auflagen existieren.

Handelt es sich bei der Immobilie um eine Villa oder um Grundbesitz mit gesetzlichem Vorkaufsrecht zur landwirtschaftlichen Nutzung sind Landwirte, Pächter und Nachbarn über den geplanten Verkauf zu unterrichten; sie haben das Vorkaufsrecht, wenn das Agrarland in direkter Nachbarschaft liegt.

4. Üblicherweise wird sowohl ein Vorvertrag als auch ein Notarvertrag abgeschlossen. Der Vorvertrag ist in vollem Umfang bindend, er muss nicht beurkundet werden.

Der notarielle Kaufvertrag dient der Eigentumsübertragung. Mit Unterschrift unter den Notarvertrag geht das Eigentum über. Das Immobilienregister in Italien hat lediglich deklaratorischen Charakter.

M Ä N G E L:

1. Bestehen vor Abschluss des Kaufvertrages Bedenken im Hinblick auf die Rechts- oder Sachmängelfreiheit der Immobilie oder soll entsprechenden Risiken entgegengewirkt werden, so ist es nach dem italienischen Recht grundsätzlich möglich, mit dem Verkäufer weitergehende Gewährleistungspflichten, als die gesetzlich vorgesehenen, zu vereinbaren.

Gemäss den entsprechenden Bestimmungen des italienischen bürgerlichen Gesetzbuchs muss die Übergabe der Immobilie in dem Zustand erfolgen, den sie zum Zeitpunkt des Verkaufs hat. Haben Käufer und Verkäufer nichts anderes vereinbart, so sind zusammen mit der Immobilie das Zubehör sowie vom Verkaufszeitpunkt an die Früchte der Immobilie zu übergeben. Der Verkäufer hat desweiteren alle Rechtstitel und Urkunden, die das Eigentum und den Gebrauch betreffen, zu übergeben. Dazu zählt auch die Bauabnahmebescheinigung. Wird diese nicht vorgelegt, so hat der Verkäufer den Kaufvertrag nicht ordnungsgemäß erfüllt.

Der Verkäufer ist nach italienischem Recht verpflichtet zu gewährleisten, dass das Eigentum an der Immobilie übertragen wird und die Immoblie frei von Belastungen (Hypotheken etc.) ist. Wurde das Eigentum nicht ordnungsgemäss übertragen, können Dritte Ansprüche auf die Immobilie  durchsetzen und diese dem Käufer ganz oder teilweise entgegenhalten, liegt ein Fall der “Entziehung”, sog. evizione, vor. In diesem Fall ist der Verkäufer im Regelfall verpflichtet, den Kaufpreis ganz oder teilweise zu erstatten und den entstandenen Schaden zu ersetzen.

Liegt ein Sachmangel -das sind solche Mängel, die die Immobilie zum bestimmungsgemässen Gebrauch ungeeignet machen oder ihren Wert in nennenswerter Weise mindern- vor, kann der Käufer wahlweise die Aufhebung des Vertrages oder eine Minderung des Kaufpreises verlangen.

Der Käufer ist zur Mängelanzeige innert 8 Tagen ab Entdeckung verpflichtet, es sei denn, er hat mit dem Verkäufer eine andere Frist vereinbart. Hat der Verkäufer das Bestehen des Mangels anerkannt oder diesen verheimlicht, so ist die Anzeige durch den Käufers allerdings nicht erforderlich.

Die Möglichkeit, Mängel geltend zu machen, verjährt innerhalb eines Jahres ab Übergabe der Immobilie. Anders jedoch bei Immobilien, die direkt von Bauunternehmen erworben werden: hier beträgt die Gewährleistung 10 Jahre und das Bauunternehmen ist ausserdem gesetzlich verpflichtet, eine Versicherung über die Laufzeit von zehn Jahren gegen schwerwiegende Baumängel abzuschliessen.

S T E U E R N:

1. a.) Italien hat seine Steuergesetze den Vorgaben von EU- Richtlinien anpassen müssen. Eine Folge davon war es, dass das seinerzeit weitgehend steuerfreie Immobilieneigentum steuerpflichtig zu machen war. Zu diesem Zweck waren zunächst eingeführt worden eine jährlich für Immobilieneigentümer anfallende Gemeindeimmobiliensteuer (ICI) wie auch eine Einkommenssteuer auf Einkommen aus der Immobile (IRPEF). Im Zuge weiterer Anpassungen wurden beide mit der italienischen Steuerreform im Jahr 2012 abgeschafft. Stattdessen wurde die ebenfalls jährlich zu entrichtende, sog. IMU (imposta municipale unica) eingeführt. Deren Höhe wird von den Gemeinden festgelegt und ist auch abhängig davon, ob die Immobilie dem Erstwohnsitz dient oder nicht. Beim Erstwohnsitz kann die Besteuerung zwischen 0,4 % plus/minus 0,2 liegen, d.h. die Besteuerung liegt bei mindestens 0,2 % und höchstens bei 0,6 %. Berechnungsgrundlage ist der Katasterwert, der mit Hilfe des aufgewerteten Katasterertrages (sog. rendita catastale) ermittelt wird. Dieser ist ein amtlich festgelegter durchschnittlicher Schätzwert der Grundstücks- und Gebäudeerträge und wird mit einem Faktor multipliziert, der wiederum abhängig ist von der Art der Immobilie. Das bedeutet allerdings nicht, dass man in Italien gleich mit einer hohen Besteuerung rechnen muss: die Schätzwerte sind sehr tief angesetzt und selbst nach der Faktor-Multiplikation liegt der so ermittelte Wert i.d.R. ganz deutlich unter dem tatsächlichen Verkehrswert der Immobilie.

Für zu Eigenzwecken genutzte Immobilien gewährt der Fiskus eine Steuerermässigung auf die IMU, wobei die Gemeinden die Möglichkeit haben, die Steuer zu erhöhen.

1. b.) Beim Kaufvertrag über die Immobilie sind die Register-, Hypothekar- und die Katastersteuer zu berücksichtigen, bei gewissen Transaktionen fällt alternativ die Mehrwertsteuer an. Bezüglich der jeweiligen Prozentsätze und deren Bemessungsgrundlage darf verwiesen werden auf die Artikel hier im Nachrichtenarchiv (2009):

  • Steuerrechtliche Aspekte des Immobilienerwerbs in Italien”,
  • Steuerrechtliche Aspekte des Immobilieneigentums in Italien”.

Für die Praxis bedeutet das:

  • Bei Einschaltung eines italienischen Immobilienmaklers ist zumindest darauf zu achten, dass dieser bei der örtlich zuständigen Handelskammer ordnungsgemäss registriert ist. Ist das nicht der Fall, kann es in Betracht kommen, den Makler zu belangen und gezahlte Courtage zurückzufordern.
  • Sowohl direkter wie auch indirekter Immobilienerwerb erfordern eine sorgfältige Vorprüfung. Beim indirekten Erwerb ist nicht nur die Immobilie selbst zu prüfen, sondern auch die Gesellschaft/der Betrieb.
  • Beim nicht bindenden Angebot ist darauf zu achten, dass keine vorvertragliche Haftung und daraus folgend Schadensersatzansprüche entstehen können. Eine solche Haftung kann sich z.B. dann ergeben, wenn grundlos Verhandlungen abgebrochen werden.
  • Bestehen nach der sorgfältigen Prüfung der Immobilie keine Bedenken und fällt die Entscheidung zugunsten eines Kaufs aus, so ist es im Regelfall vor Abschluss des Kaufvertrages empfehlenswert, einen Vorvertrag abzuschliessen. Andernfalls, d.h. existieren kritische Punkte, ist es ratsam, diese im bindenden Angebot oder im Vorvertrag zu berücksichtigen. Zu denken ist in diesem Zusammenhang z.B. an Klauseln mit aufhebender Wirkung oder Preiseinbehalt.
  • Der Vorvertrag ist in vollem Umfang verbindlich, weshalb auf den Inhalt dieses Vertrages genau zu achten ist!
  • Um der Gefahr entgegenzuwirken, dass Dritte Rechte im Liegenschaftsregister eintragen lassen, den “sicheren Weg” wählen, d.h. einen notariellen Kaufvertrag abschliessen und im Liegenschaftsregister eintragen lassen. Nur dann hat das eingetragene Recht des Käufers Vorrang gegenüber Rechten Dritter, die nachträglich eingetragen wurden/werden.
  • Beim Kauf die steuerlichen Aspekte nicht übersehen. Ein indirekter Erwerb kann viele steuerliche Vorteile mit sich bringen. Aber auch der direkte Erwerb bringt im Normalfall  keine hohe Besteuerung mit sich, Italien ist an entsprechende EU-Vorgaben gebunden.
  • Bestehen Bedenken oder sollen einfach Risiken minimiert werden, kann es ratsam sein, von der Möglichkeit Gebrauch zu machen, dem Verkäufer im Kaufvertrag weitere als die gesetzlich vorgesehenen Gewährleistungspflichten aufzuerlegen.
  • Beim Auftreten von Sachmängeln ist auf die Einhaltung der Anzeigefrist zu achten und es sind die Fristen von einem Jahr bzw. zehn Jahren zu beachten.

In diesem Rahmen können nur einige der zahlreichen wichtigen Punkte beim Immobilienerwerb angesprochen werden. Ersichtlich kann der Kauf einer Immobilie in Italien aber in jeglicher Hinsicht zahlreiche Fussangelnbergen. Daher ist es ratsam, der Verlockung, den Kauf in Eigenregie abzuwickeln, zu widerstehen. Auch sollte sich nicht in die Hände von Maklern begeben werden, die nicht ausreichend qualifiziert und dem Käufer nicht hinreichend bekannt sind. Interessenten kann geraten werden, die Abwicklung der Förmlichkeiten nicht allein dem Makler zu überlassen, sondern von Anfang an rechtlichen Rat in Anspruch zu nehmen. Das Verständnis der juristischen Feinheiten und die Unterstützung durch zweisprachige, im Bereich des Immobilienrechts erfahrene Rechtsanwälte ist eine der wesentlichen Voraussetzungen dafür, den Erwerb einer Immobilie möglichst reibungslos und zügig abwickeln zu können.


Studio Legale Reichel
Beatrix Grossblotekamp, LL.M.
Rechtsanwältin