Wenn der ausländische Schuldner nicht bezahlt… gibt es für den Gläubiger gute Wege, seine Forderung einzutreiben!

Schadenersatz – Vollstreckungsrecht -risarcimento danni - pignoramento

Wenn der ausländische Schuldner nicht bezahlt… gibt es für den Gläubiger gute Wege, seine Forderung einzutreiben!

  • Beitrags-Kategorie:Vollstreckungsrecht
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  • Beitrag zuletzt geändert am:18.07.2024

Viele Unternehmen und Betriebe beklagen die anhaltend schlechte Zahlungsmoral von Kunden und sonstigen Zahlungsschuldnern. Die immer weiter voranschreitende Europäisierung des Wirtschaftslebens bringt es u.a. mit sich, dass viele Schuldner ihren (Geschäfts-)Sitz im Ausland haben.

Viele Unternehmen und Betriebe beklagen die anhaltend schlechte Zahlungsmoral von Kunden und sonstigen Zahlungsschuldnern. Die immer weiter voranschreitende Europäisierung des Wirtschaftslebens bringt es u.a. mit sich, dass viele Schuldner ihren (Geschäfts-)Sitz im Ausland haben. Sitzt der säumige Schuldner im EU-Ausland, wird er sich häufig „auf der sicheren Seite“ fühlen, weil er davon ausgeht, dass der Gläubiger seine Forderung lieber abschreiben wird, als sie grenzüberschreitend durchzusetzen. Deshalb bleiben außergerichtliche Zahlungserinnerungen und Mahnungen, die der Gläubiger selbst an den Schuldner richtet, meistens erfolglos. Wie wir festgestellt haben, gibt es immer mehr Schuldner, die es sich inzwischen offenbar zur festen Regel gemacht haben, grundsätzlich erst dann Zahlungen zu leisten, wenn Anwälte eingeschaltet sind.

Was also ist zu tun, wenn Erinnerungen, Nachfragen und Mahnungen des Gläubigers nicht zur Zahlung des Schuldners geführt haben?

1. Damit eine grenzüberschreitende Forderungseintreibung im Ergebnis nicht unwirtschaftlich wird,  ist es in der Regel zweckmäßig, spätestens jetzt einen Rechtsanwalt einzuschalten. Er kann die Einholung von Auskünften über den Schuldner veranlassen, um zunächst in Erfahrung zu bringen, ob überhaupt „etwas zu holen“ ist. Die italienischen öffentlichen Register für Immobilien, Kraftfahrzeuge, Schiffe und Handelsregister werden namensbezogen geführt. Da für die Einsichtnahme weitere Nachweise nicht erforderlich sind, ist in Italien der Zugriff hierauf etwas leichter möglich. In Deutschland hingegen muss z.B. für eine Auskunft aus dem Grundbuch ein „besonders Interesse“ dargelegt und nachgewiesen werden.

Ergibt sich nach unseren anwaltlichen Ermittlungen, dass beim Schuldner tatsächlich „etwas zu holen“ ist, erhält er von den Rechtsanwälten der Kanzlei Reichel üblicherweise eine Zahlungsaufforderung. Die durch die Beauftragung des Rechtsanwalts entstehenden Kosten sind vom Schuldner zu bezahlen.

Vielfach kann schon unsere anwaltliche Intervention bewirken, dass der Schuldner bezahlt, wobei wir mit Zustimmung des Gläubigers auch Ratenzahlungsvereinbarungen aushandeln können.

2.a. Scheitern alle außergerichtlichen Einziehungsbemühungen, leiten wir je nach Sachlage in dem für die gerichtliche Entscheidung international zuständigen Staat entweder
– ein streitiges Prozessverfahren oder
– ein gerichtliches Mahnverfahren
ein. Auf diese Weise erhalten wir für den Gläubiger einen Vollstreckungstitel. Ein Vollstreckungstitel ist erforderlich, wenn später Zwangsvollstreckungsmaßnahmen gegen den Schuldner durchgeführt werden müssen.

Im deutschen Mahnverfahren kann ein Mahn- und Vollstreckungsbescheid erwirkt werden. Im vergleichbaren italienischen Verfahren kann ein sog. Zahlungsbefehl (decreto ingiuntivo) gegen den Schuldner erlassen werden.

Alternativ sieht das Gesetz zur Verbesserung der grenzüberschreitenden Forderungsdurchsetzung und Zustellung vom 30. Oktober 2008  unter anderem das sog. „europäische Mahnverfahren“ vor, soweit es sich um eine Geldforderung handelt und Gläubiger und Schuldner in verschiedenen Mitgliedsstaaten ansässig sind. Das Europäische Mahnverfahren läuft ähnlich ab wie das Mahnverfahren nach deutschem Recht. Statt eines Mahnbescheids erlässt das Gericht einen sog. „Europäischen Zahlungsbefehl“. Die Einspruchsfrist für den Schuldner beträgt 30 Tage ab Zustellung. Legt er keinen Einspruch ein, wird der Europäische Zahlungsbefehl für vollstreckbar erklärt. Der vollstreckbare Zahlungsbefehl entspricht dem deutschen Vollstreckungsbescheid und bedarf keiner weiteren Anerkennung mehr, vielmehr kann aus ihm unmittelbar die Zwangsvollstreckung gegen den Schuldner betrieben werden.

Darüber hinaus wurde mit dem oben erwähnten Gesetz ein einheitliches europäisches Mahnverfahren für geringfügige Forderungen eingeführt. Das Verfahren betrifft Fälle, in denen grenzüberschreitend um eine Forderung in Höhe von nicht mehr als € 2.000,- gestritten wird.

b. Hat der Schuldner strafrechtliche Vorschriften verletzt, kann es in manchen Fällen sinnvoll sein, eine strafrechtliche Verurteilung zu erwirken. Zu denken ist hier vor allem an Insolvenz- und Betrugsstraftaten. So kann beispielsweise die strafrechtliche Verurteilung des Geschäftsführers einer GmbH dazu führen, dass dieser mit seinem Privatvermögen für Forderung des Gläubigers aufkommen muss.

Fazit: Außenstände sind mehr als nur ärgerlich: sie belasten die Liquidität, führen zu Zinsverlusten, verursachen Kosten und es besteht die Gefahr eines Forderungsausfalls. Es ist daher von großer Bedeutung, Außenstände möglichst schnell und ohne Verluste zu realisieren. Es gibt, nicht zuletzt auch durch die vergleichsweise neuen EU-Mahnverfahren, gute Wege, die eigene Forderung grenzüberschreitend durchzusetzen.

Welches die effizienteste Vorgehensweise ist, hängt allerdings vom jeweiligen Einzelfall ab, so dass eine allgemeine Empfehlung an dieser Stelle leider nicht möglich ist. Zur Durchsetzung Ihrer Forderung können Sie sich persönlich von den Rechtsanwälten der Kanzlei Reichel beraten und vertreten lassen.

Studio Legale Reichel – Beatrix Grossblotekamp, LL.M. – Rechtsanwältin