In Erbschaftsachen sind zwei wesentliche Aspekte zu beachten:
- das anwendbare Erbrecht, das über die Frage entscheidet, wer Erbe ist, wie hoch die einzelnen Erbquoten sind, sowie über alle anderen erbrechtlichen Fragen, wie Ansprüche von Pflichtteilsberechtigten oder die Bindungswirkung eines Erbvertrages. In der Regel gilt das Recht des letzten gewöhnlichen Aufenthaltes des Erblassers. Eine Rechtswahl zugunsten des Heimatlandes kann zu Lebzeiten abweichend getroffen werden.
- das Erbschafts- und Schenkungssteuerrecht, das über eine Steuer, die beim Erwerb von Todes wegen und bei unentgeltlichen Zuwendungen unter Lebenden, hier Schenkungsteuer genannt, beim Erben beziehungsweise Beschenkten anfällt. Dabei muss es ausdrücklich betont werden, dass die Erbschaft- und Schenkungsteuer sich nach den Steuergesetzen der einzelnen Länder richtet.
In Frankreich wird bei einem Erwerb von Todes wegen, Erbschaftsteuer und bei einer unentgeltlichen Zuwendung unter Lebenden („donation“) eine Schenkungsteuer erhoben. Rechtsgrundlage ist das Allgemeine Steuergesetzbuch (Code Général des Impôts, CGI).
Sofern französisches Erbschaftssteuerrecht Anwendung findet, kann es bei den Erben zu einem bösen Erwachen kommen. Die Höhe der zu entrichtenden Steuern reicht von Beträgen von 5% bis, im schlimmsten Fall, hin zu 60% des geerbten Vermögens. Die Freibeträge sind in Frankreich niedrig (100.000 € für ein Kind, 31.865 € für ein Enkelkind).
Jeder Staat hat sein eigenes internationales Erbschaftssteuergesetz, welches die Besteuerung des grenzüberschreitenden Erbfalls regelt. Die Erbschaftssteuersysteme der einzelnen Staaten sind nicht unbedingt aufeinander abgestimmt.
Eine Mehrfachbesteuerung kommt beispielsweise dann in Betracht, wenn der Erblasser in einem anderen Staat ansässig war als der Erbe, die Staatsangehörigkeit und der Wohnsitz von Erblasser und/oder Erben auseinanderfallen oder sich die Nachlassgegenstände abweichend vom Wohnsitz des Erblassers und/oder Erbens in einem anderen Staat befinden. Es kommt vor, dass Staaten untereinander, um eine Doppelbesteuerung zu vermeiden, sogenannte Doppelbesteuerungsabkommen unterzeichnen.
Zwischen der Schweiz und Frankreich gibt es jedoch seit dem 31.12.2014 kein Doppelbesteuerungsabkommen mehr.
Gemäß Artikel 784A CGI kann eine Doppelbesteuerung unter Umständen teilweise vermieden werden, indem die in der Schweiz gezahlten Steuern auf die in Frankreich fälligen Steuern angerechnet werden. In der Regel (z.B., wenn sich in Frankreich liegende Immobilien im Nachlass befinden) kann es über die anrechenbaren Beträge immer noch zu nicht unerheblichen Steuerabgaben in Frankreich kommen.
Um solche erheblichen Steuerabgaben unter Umständen zu vermeiden oder zu reduzieren, sollte der Erblasser zu Lebzeiten prüfen, ob und gegebenenfalls welche Möglichkeiten in Betracht kommen, z.B. durch vorzeitige Übertragung einer Immobilie, durch Gründung einer SCI oder durch Übertragung des „nackten“ Eigentums. Es ist zu raten die Prüfung so früh wie möglich vorzunehmen, da etwaige Reduktionen vom Alter des Erblassers abhängen.
Jede Erbschafts- und steuerrechtliche Situation bedarf einer umfassenden Einzelfallprüfung, denn die oftmals beabsichtigten Steuervorteile können sich später als Steuerfalle herauskristallisieren, wenn die Lösung lediglich eine Umgehung der gesetzlichen Rechtslage darstellt. Bei nachgewiesenem betrügerischem Verhalten oder Bösgläubigkeit muss mit Strafen in Höhe von 40% bis 80% des zu versteuernden Betrages gerechnet werden.
Doris Reichel – Avvocato + Rechtsanwältin – Anwaltskanzlei Reichel