Europarecht aktuell: Rechtswahlklauseln in Allgemeinen Geschäfts-
bedingungen

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat entschieden, dass eine Rechtswahlklausel in Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) gegenüber Verbrauchern nur wirksam ist, wenn sie einen Hinweis darauf enthält, dass der Verbraucher sich trotz der Rechtswahl auch auf für ihn günstigere Regelungen seines Heimatrechts berufen kann (Urteil vom 28.07.2016, C-191/15).

In dem der Entscheidung des EuGH zugrundeliegenden Sachverhalt ging es um die AGB von Amazon für Deutschland und Österreich, nach denen auf sämtliche Kaufverträge mit Verbrauchern luxemburgisches Recht Anwendung finden sollte. In Luxemburg hat die europäische Amazon-Tochter ihren Sitz.

Das Recht des Staates, das auf einen Vertrag anwendbar sein soll, kann zwar grundsätzlich durch eine Rechtswahlklausel zwischen den Parteien vereinbart werden. Nach Art. 6 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 593/2008 (Rom I VO) darf eine Rechtswahl jedoch nicht dazu führen, dass dem Verbraucher der Schutz entzogen wird, der ihm durch das Recht seines Heimatlandes gewährt wird, wenn das Unternehmen seine Aktivitäten zumindest auch auf dieses Land ausrichtet. Dementsprechend sah der EuGH die Klausel von Amazon als irreführend und damit missbräuchlich im Sinne der Richtlinie 93/13/ EWG über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen an, weil sie beim Kunden den Eindruck vermittele, nur das luxemburgische Recht sei anwendbar, auch wenn verbraucherschützende Normen des Heimatrechts des Verbrauchers für ihn günstiger wären, z.B. durch eine längere Verjährungsfrist von Mängelansprüchen. Rechtswahlklauseln in AGB, die gegenüber einem Verbraucher verwendet werden, müssen nach der Entscheidung des EuGH auf den Vorrang von günstigerem Heimatrecht des Verbrauchers ausdrücklich hinweisen.

Das Urteil des EuGH bedeutet für die Verwender von AGB, die (auch) gegenüber Verbrauchern eingesetzt werden und die eine Rechtswahl enthalten, dass ein entsprechender Hinweis aufgenommen werden muss, wonach für den Verbraucher günstigere Normen des an seinem gewöhnlichen Aufenthaltsort geltenden Rechts dem in der Klausel genannten Recht vorgehen. Fehlt ein solcher Hinweis, ist nicht nur die Rechtswahlklausel unwirksam, sondern es drohen auch kostenpflichtige Abmahnungen wegen der Verwendung von irreführenden Klauseln.


Studio Legale Reichel
Beatrix Grossblotekamp, LL.M.
Rechtsanwältin