Erbrecht im Verhältnis Schweiz, Italien und Deutschland

Die Schweiz hat schon aufgrund ihrer geographischen Lage vielfältige Berührungspunkte zum benachbarten Ausland. Viele Schweizer haben Vermögen im angrenzenden Ausland und viele Bürger der Nachbarstaaten sind in die Schweiz übergesiedelt oder haben hier Vermögen.

Die Schweiz hat schon aufgrund ihrer geographischen Lage vielfältige Berührungspunkte zum benachbarten Ausland.

Viele Schweizer haben Vermögen im angrenzenden Ausland und viele Bürger der Nachbarstaaten sind in die Schweiz übergesiedelt oder haben hier Vermögen.

Dies wirft die Frage auf, wie in diesem Zusammenhang Erbrechtsfälle behandelt werden. Diese Fälle und deren praktische Lösung werden im Folgenden im Verhältnis der Schweiz zu Deutschland und Italien dargestellt. Hierbei wird zwischen dem materiellen Erbrecht, welches bestimmt, wie die Vermögensnachfolge gehandhabt wird, und dem Erbschaftssteuerrecht, welches bestimmt, in welchem Staat die Erbschaftssteuer zu entrichten ist, unterschieden.

Anzuwendendes Erbrecht

In Europa wird bereits seit geraumer Zeit diskutiert, eine einheitliche internationale Regelung zur Anwendung des Erbrechts zu schaffen. Allerdings ist es dazu bis heute nicht gekommen. Daher muss das anzuwendende materielle Erbrecht aus den jeweiligen nationalen Gesetzen ermittelt werden. Dies stößt aufgrund uneinheitlicher Anknüpfungskriterien teilweise auf Schwierigkeiten.

Anknüpfungspunkte, nach welchem Recht das Erbe zu beurteilen ist, können die Staatsangehörigkeit auf der einen und der Wohnsitz des Erblassers auf der anderen Seite sein. Nur am Rande sei hier erwähnt, dass es noch ein drittes Prinzip gibt, das bei vorhandenem Immobilienvermögen grundsätzlich das Erbrecht des Landes anwendet, wo die Immobilien sich befinden. So kann es zur Anwendung von zwei verschiedenen Erbrechten kommen (Mischprinzip). Diesem Prinzip folgen beispielsweise Frankreich und Großbritannien.

Dem Staatsangehörigkeitsprinzip folgen, wie die meisten Länder in der EU, Deutschland und auch Italien. Dem gegenüber folgt das Schweizer Erbrecht  dem Wohnsitzprinzip.

Da sich diese Prinzipien widersprechen, regelt sich die Anwendung nach komplizierten Rück- und Weiterverweisungsvorschriften, welche schon diverse Male Gegenstand von Rechtsstreitigkeiten waren.

Vom Ergebnis her ist jedoch festzustellen, dass aufgrund der Rück- und Weiterverweisungen im Verhältnis Schweiz / Italien und Schweiz / Deutschland in fast allen Fällen das Erbrecht des Staates einschlägig ist, in dem der Erblasser seinen letzten Wohnsitz hatte.

Bei internationalen Verknüpfungen stellt sich weiterhin die Frage, ob der Erblasser durch Testament oder Erbvertrag das anzuwendende Erbrecht wählen kann. Diese Frage gewinnt insbesondere im Hinblick auf die mögliche unterschiedliche Behandlung von Pflichtteilsansprüchen erhebliche Bedeutung.

Eine Bestimmung des Erblassers selbst, welches Erbrecht Anwendung finden soll, ist grundsätzlich nicht unbeschränkt möglich. Für Immobilien sehen die jeweiligen Rechtsordnungen dies jedoch unter bestimmten Voraussetzungen vor. Diese Voraussetzungen sind jedoch inhaltlich sehr kompliziert gestaltet, so dass hier nicht näher darauf eingegangen werden soll.

Zuständigkeit der Gerichte

Falls es wegen der Erbschaft oder zwischen den Erben zu Streitigkeiten kommt, stellt sich bei Sachverhalten mit internationalen Verknüpfungen die Frage, welche Gerichte zuständig sind.

Den Regeln des internationalen Prozessrechts zufolge begründet das Vorhandensein von Nachlassgegenständen in einem bestimmten Land den Gerichtsstand der Erbschaft.

Das heißt, bei Streitfällen sind international zuständig die Gerichte der Länder, in denen sich (noch) Erbschaftsgegenstände befinden.

Formelle Abwicklung der Erbschaft

Eine andere Frage ist, welche Gerichte oder Behörden für die Abwicklung der Erbschaft zuständig sind, wer Nachlasszeugnisse und Erbscheine erteilt und nach wessen Recht diese Abwicklung vonstatten geht.

Grundsätzlich gilt das Prinzip, dass für die formelle Abwicklung der Erbschaft die Behörden oder Gerichte der Länder zuständig sind, deren Recht auf die Erbschaft Anwendung findet. Das heißt: Wenn Schweizer materielles Erbrecht auf die Erbschaft anwendbar ist, sind für die Erteilung der Nachlasszeugnisse, des Erbscheins usw. auch Schweizer Behörden zuständig.

Eine Ausnahme hiervon ist möglich, wenn sich Nachlassgegenstände in einem anderen Land befinden.

Steuerliche Behandlung der Erbschaft:

Eine andere Frage ist die steuerliche Behandlung des Erbes.

Diese Frage ist von enormer Bedeutung, da in den einzelnen Ländern erhebliche Unterschiede bei der Erbschaftssteuer bestehen.

Die Frage der steuerlichen Behandlung beantworten die Abkommen zwischen den einzelnen Ländern (Doppelbesteuerungsabkommen).

Danach entscheidet neben der Staatsangehörigkeit insbesondere der Wohnsitz, die Dauer des Aufenthaltes im Ausland und die Belegenheit von Erbschaftsgegenständen, insbesondere von Immobilien, über das auf die Erbschaft anzuwendende Steuerrecht.

Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass die Erbschaft in dem Land zu versteuern ist, in dem der Erblasser seinen letzten Wohnsitz hatte.

Bei Immobilien und sonstigen in den jeweiligen Abkommen speziell erwähnten Werten kann jedoch auch das Land, in welchem sich diese Werte befinden, hierfür seine Erbschaftssteuer verlangen. Die in diesem Land bezahlte Erbschaftssteuer ist aber natürlich auf die in dem anderen Land zu zahlende Erbschaftssteuer anzurechnen.

Ein Beispiel: Hatte ein Italiener seinen letzten Wohnsitz in der Schweiz, so unterfällt der gesamte Nachlass grundsätzlich der Schweizer Erbschaftssteuer. Darüber hinaus kann er aber auch bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen der Steuer eines weiteren Landes unterliegen.

Hatte dieser Italiener z.B. Immobilien in Italien, so darf auch Italien für diese Immobilien die italienische Erbschaftssteuer verlangen. Die in Italien bezahlte Erbschaftssteuer wird aber auf die in der Schweiz zu zahlende angerechnet.

Praktische Bedeutung gewinnt dies dadurch, dass in Italien bei der Erbschaftssteuer sehr hohe Freibeträge (je nach Verwandtschaftsgrad) gelten.

Kommt es nun aufgrund dieser Freibeträge nicht zu einer Steuerschuld in Italien, so ist dennoch die gesamte Erbschaftssteuer in der Schweiz zu zahlen, da es nichts zum Anrechnen gibt.

Die praktische Folge dieser Regelung ist, dass für Immobilien in anderen Ländern immer der jeweilige höchste Erbschaftssteuerbetrag zu entrichten ist und zwar in dem Land, wo der höchste Steuersatz und der niedrigste Erbschaftssteuerfreibetrag gilt.

Dieses Ergebnis ist in höchstem Maße unbefriedigend, aber hinzunehmen, da die Länder hier offensichtlich keinen Konsens finden konnten.

Hier soll noch ein kurzer Überblick über die Höhe der Erbschaftssteuer in den angesprochenen Ländern gegeben werden: In der Schweiz erfolgt die Regelung der Erbschaftssteuer kantonal. Für Ehegatten und Nachkommen fällt in den meisten Kantonen keine Erbschaftssteuer an. In Italien gilt ein Freibetrag für Ehegatten, Kinder und Enkel von € 1.000.000,–, so dass erst über diesen Freibetrag hinaus eine Erbschaftssteuer zwischen 4% und 8% anfällt. Deutschland wiederum hat stark abgestufte Freibeträge, bei Kindern von € 400.000,–. Danach schwankt der Steuersatz, je nach Verwandtschaftsverhältnis und Steuerklasse, stark, zwischen 7 % und 50 %.

Im Ergebnis ist zu sagen, dass die internationale Verflechtung eines Nachlasses vielfältige Probleme mit sich bringt. Es ist also anzuraten, in  Fällen von Erbschaften mit internationaler Berührung (weil sich z.B. das Vermögen in mehreren Ländern befindet) rechtliche Beratung  möglichst schon vor dem Erbfall einzuholen.


Studio Legale Reichel